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Vampirgeld, Zombiepolitik

Etwa 1.500 Banknoten waren es bisher, die sich selbst zerstörten! Obwohl frisch aus dem Geldautomaten zerfallen die Scheine bei der kleinsten Berührung wie untote Blutsauger im Sonnenlicht – was eine Boulevardzeitung inspirierte, die unheimlichen Noten „Vampirgeld“ zu taufen. Offenbar sind sie in Kontakt mit einer Säure geraten, der Grund dafür ist den Behörden allerdings unklar. Man „tappe vollständig im Dunkeln“, sagte eine Sprecher der Bundesbank am Samstag. Währendessen sind unterschiedliche Theorien im Schwange, warum das Geld in Deutschland sich zu zersetzen beginnt. Von Erpressung ist die Rede, von defekten Batterien – dabei liegt doch auf der Hand, dass es sich um eine konjunkturpolitische Maßnahme handelt.
Gewisse Kreise behaupten, die Saboteure seien Anhänger der Freigeldlehre nach Silvio Gesell, der im Zins das Kernübel des Kapitalismus zu erkennen meinte. Solch verschrobenen Außenseiter fehlen aber natürlich die nötigen Mittel und Kenntnisse, um den real existieren Euro in „Schwundgeld“ umzuwandeln. Nein, die Täter sitzen woanders, ganz oben nämlich, und wissen, was von den Nachrichten zu halten ist, mit denen der Bevölkerung im Moment Mut gemacht wird. Weil nämlich die Arbeitslosenquote um 0,3 Punkte auf 9,8 Prozent zurückgegangen ist, spricht man in der Großen Koalition bereits von einer "Trendwende"; Arbeitsminister Franz Müntefering meinte gar, in echt Goebbels’scher Diktion, nur "notorische Nörgler und Miesmacher" würden "den Durchbruch am Arbeitsmarkt" leugnen. Die Bürger sind begreiflicherweise verwirrt: noch vor vier Monaten wurde die Verschärfung der Hartz – Gesetze mit einer „Kostenexplosion“ begründet (Wohlgemerkt, aber nie ausgesprochen, die Kosten der Arbeitslosenunterstützung stiegen im Vergleich zur Schätzung der Bundesregierung selbst, und die war politisch motiviert!)
Nun erwartet sie "überraschend" 40 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen bis einschließlich 2007, mit denen die Neuverschuldung und die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gesenkt werden sollen. Aber was nützt das, wenn die Deutschen weiter starrsinnig am "Angstsparen" (Financial Times) festhalten? Was bringt der Titel als Exportweltmeister, wenn die Binnenkonjunktur nicht mitzieht? Der Griff zur Schwefelsäure lag nahe. Schließlich kann die Regierung den Deutschen, die seit Jahren Reallohnverluste hinnehmen und trotzdem mehr Steuern zahlen, kaum mit Waffengewalt zwingen, ihren geringerem Verdienst auch noch zeitnah auszugeben. "Wir sind auf dem richtigen Weg", sagt Bundeskanzlerin Merkel. Gebt das Geld aus, solange es noch da ist!