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"Hardcore-Arbeitslose"
Die britische Regierung kündigt an, die Leistungen für Arbeitslose "zu kürzen oder ganz einzustellen".
"Die Unterstützung soll zurück in die Arbeit bringen, nicht ein Lebensstil sein." Polemisch argumentierte Arbeitsminister John Hutton, als er vor einer Woche eine schärfere Sozialpolitik ankündigte. In einer Rede im sozialdemokratischen Institute for Public Policy Research behauptete er, eine Minderheit von "Arbeitsscheuen" und "Hardcore-Arbeitslosen" bezöge die sogenannten Incapacity Benefits, obwohl sie arbeitsfähig seien. Die konservative Vorgängerregierung habe mit ihren Transferzahlungen nur die Passivität der Arbeitslosen gefördert. Damit soll nun Schluss sein: "Unser System muss sich intensiver mit denen befassen, die arbeiten können, aber nicht wollen", so Hutton. Man könne "von hart arbeitenden Familien nicht verlangen, für sie mitzubezahlen".
Die 2,7 Millionen Bezieher des Incapacity Benefits sind chronisch Kranke und Behinderte, die im Unterschied zu den Empfänger des regulären Arbeitslosengeldes nicht als arbeitsfähig gelten. Sie sind das nächste Objekt der Sozialreform unter der Labour-Regierung. In einem Strategiepapier des Arbeitsministeriums heißt es, eine Million der 2,7 Millionen Empfänger könnten in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden. Ungefähr 7 Milliarden Pfund (etwa 11,5 Milliarden Euro) will die britische Regierung ab 2008 einsparen –fast die Hälfte der jährlichen Ausgaben für die Incapacity Benefits! Das bisherige System soll durch eine geringere „Einkommensergänzung“ ersetzt werden. Diese "Employment and Support Allowance" (ESA) ist niedriger als die bisherigen Zahlungen und entspricht der Sozialhilfe. Außerdem sollen mit mehr Kontrollen und Untersuchungen durch Amtsärzte Arbeitsfähige ausfindig gemacht werden. Im Moment wird das neue System in sieben englischen Regionen getestet, Ergebnisse liegen noch nicht vor.
Steve Blake von der Coalition against the Welfare Reform Bill (CAWRB), einem Zusammenschluss von Behinderteninitiativen kritisiert die Vorschläge: "Wir halten den Ansatz für falsch. Eher sollten Arbeitgeber dazu gebracht werden, für Behinderte attraktive Stellen anzubieten." Blake bezweifelt, dass sich durch die Drohungen mit Leistungskürzungen mehr Menschen als bisher zur Arbeit treiben lassen.
Schon jetzt der Durchschnitt der „ökonomisch aktiven Menschen“ in Großbritannien höher als in allen anderen OECD-Staaten. Die Zahl der Arbeitsunfähigen ist annähernd gleich geblieben, seit Labour 1997 an die Macht kam. Das Arbeitsministerium weist allerdings darauf hin, dass zu Anfang der 70er Jahre lediglich 700.000 Menschen Incapacity Benefits bekamen, besonders solche mit Attesten wegen psychiatrischen Krankheiten. Bereits 1999 stimmten 65 Labour-Abgeordnete gegen ihre Regierung, als die das Sozialhilfesystem verschärfen wollte. Zahlreiche linke Abgeordnete haben auch jetzt wieder gegen Huttons Pläne protestiert, die Unterstützung der Konservativen im Parlament ist Blair und Hutton aber sicher.
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